2016 soll nach 1229 Jahren wieder ein Panorthodoxes Konzil stattfinden
Vortrag des Metropoliten Augoustinos von Deutschland "Die Orthodoxe Kirche in Deutschland und die Vorbereitung des Großen und Heiligen Konzils"
Bisher gab es sieben ökumenische Konzile. Das letzte war das zweite Konzil von Nicaea im Jahre 787, mit dem der Bilderstreit vorläufig beendet wurde. Danach fanden keine Konzile mit Beteiligung oder Anerkennung durch die Orthodoxen Kirchen statt.
Warum hat es 1229 Jahre gedauert?
Rechtgläubigkeit ist die deutsche Übersetzung für Orthodoxie. Nicht nur daraus resultiert das Selbstbewußtsein der Orthodoxen Kirchen, sondern auch aus der Tatsache, dass sie deutlich weniger Mitgliederschwund haben als die westlichen Kirchen. Aber auch die Orthodoxen Ostkirchen haben durch Migration ihrer Mitglieder an der Globalisierung teilgenommen und sind in der Diaspora häufig der Motor der Ökumene. Und nebenbei hat sich die Welt in den letzen 1229 Jahren nicht nur globalisiert, sondern vielfache Veränderungen der Lebensbedingungen und der Politik bedürfen einer neuen Betrachtung der Orthodoxie in der Welt. Die aktuelle Fluchtwelle aus vielen Krisengebieten nach Europa und ganz besonderes nach Deutschland ist auch eine Völkerwanderung innerhalb der Orthodoxie.
Damit die Orthodoxe Lehre auch weiterhin die Gläubigen in allen Ländern, allen politischen Sytemen und allen sozialen Bereichen erreicht, gibt es Handlungsbedarf.
Vorbereitung ... 1902 fing es an
Die sieben Ökumenischen Konzile waren teilweise weniger als hundert Jahre von einander entfernt. Die Vorbereitung des achten Konzils dauert jetzt schon 113 Jahre an. 1902 regte der Ökumenische Patriarch Joachim III. erstmals ein solches Konzil an. Danach haben die politischen Umwälzungen durch den ersten und zweiten Weltkrieg sowie den Niedergang des Ostblocks, Rivalitäten zwischen den autokephalen Kirchen und die Migration seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Dringlichkeit eines Konzils verstärkt. 1923, 1930, 1961, 1963, 1964, 1968, 1976 und 2009 tagte die Vorbereitungskommission ohne konkretes Ergebnis. Aber schon 1976 wurden die 10 Punkte des kommenden Großen und Heiligen Konzils definiert. Eine Festlegung auf das Jahr 2016 und den Ort Konstantinopel trafen die Vorsteher der Orthodoxen Kirchen bei der Synaxis im März 2014.
Worum geht es bei dem Großen und Heiligen Konzil 2016?
Die Beziehungen der Orthodoxie (Diaspora, Autokephalie, Autonomie und Diptycha), Orthodoxie und Moderne (Kalender, Eherecht, Fastenvorschriften) und Orthodoxie und die Anderen (Beziehungen der Orthodoxie zur übrigen christlichen Welt und zur ökumenischen Bewegung und schließlich den Beitrag der Orthodoxen Kirche zur Verwirklichung des Friedens, der Gerechtigkeit etc.) sollen die drei großen Themenbereiche sein. Die Themenbereiche sind auf zehn einzelne Themen aufgeteilt:
- Orthodoxe Diaspora
- Autokephalie und die Art und Weise ihrer Erteilung
- Autonomie und die Art und Weise ihrer Erteilung
- Diptycha
- Die Kalenderfrage
- Ehehindernisse
- Anpassung der Fastenvorschriften
- Beziehungen der Orthodoxie zur übrigen christlichen Welt
- Orthodoxie und ökumenische Bewegung
- Der Beitrag der Orthodoxen Kirche zur Verwirklichung des Friedens, der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Brüderlichkeit und der Liebe zwischen den Völkern sowie zur Beseitigung der Rassen- und anderer Diskriminierungen.
Details und Hintergründe dazu erläutert uns Metropolit Augoustinos von Deutschland in seinem Vortrag "Die Orthodoxe Kirche in Deutschland und die Vorbereitung des Großen und Heiligen Konzils" vom 1. Oktober 2015.
Für uns Orthodoxe Christen in der sogenannten Diaspora sind wohl drei Fragen zum Konzil 2016 besonders wichtig
- Können bald alle Christen das Osterfest am gleichen Tag feiern?
- Wird es Fastenvorschriften geben, die regionale, saisonale und ökologische Lebensmittelversorgung der einzelnen Wohnorte berücksichtigt?
- Wird die Ökumene vorangetrieben, um die Integration von Orthodoxen Gläubigen am Wohnort in der Diaspora zu verbessern?